Solaris Urbino 18 H

 

Fahrzeugliste:

Nr. alte Nr. Kennzeichen Baujahr Erstzulassung Bemerkung Werbung
14030 7 L-NV 2007 2007

07.09.2007

16.08.2016 abgemeldet  Hybridbus

 

 

 

 

Solaris Urbino 18 Hybrid

Vorgeschichte

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH gehören zu den Unternehmen, die alternativen Fahrzeugentwicklungen sehr aufgeschlossen gegenüber stehen. Dies gilt nicht nur für den Straßenbahn-, sondern auch für den Bussektor. Während in Hamburg und Berlin bereits testweise mit Wasserstoff angetriebene Busse verkehren, entschieden sich die LVB im Jahr 2007, bei Möglichkeit bis zum Jahr 2012 maximal 50 Gelenkbusse mit einem Diesel-Elektro-Antrieb zu beschaffen. Da hier zwei unterschiedliche Antriebsarten kombiniert werden, wird auch von einem Hybridantrieb gesprochen, womit ein Bus mit einem Diesel-Elektro-Antrieb folglich als Hybridbus bezeichnet wird. 

Schwierig war es für die LVB-Geschäftsführung vor allem, einen Hersteller für einen Probehybridbus zu finden. Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits einige hundert Hybridbusse in den USA, doch für Europa sollte dies ein neuer Bustyp darstellen. Somit wurde im LVB-Konzern sogar ernsthaft öffentlich überlegt, analog zum Leoliner einen eigenen in Leipzig produzierten Bustyp mit dazugehöriger Firma auf die Beine zu stellen. Doch so schnell, wie diese Idee kam, verschwand sie auch wieder in der Schublade. Nachdem die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) bei Solaris einen 18 Meter langen Gelenkbus der Bauart Solaris Urbino 18 mit Hybridantrieb bestellt hatten, holten die LVB nach und bestellten ebenfalls bei Solaris ein bauartgleiches Fahrzeug.

Die Beschaffung dieses zweiten Prototyps der Bauart Solaris Urbino 18 H kostete insgesamt 436.150 Euro, womit der Hybridbus rund 125.00 Euro teurer als ein herkömmlicher Dieselbus ist. Anders als bei den DVB, wo der Hybridbus komplett vom Fraunhofer Institut sowie vom Freistaat Sachsen bezahlt wurde, wurde der Leipziger Hybridbus nur zu 75% vom Freistaat Sachsen gefördert. Der Dresdner Hybridbus gelangte bereits Anfang März 2007 in den Fahrgasteinsatz. Damit begann eine bis zum März 2008 andauernde Testphase, bei der das Dresdner Fraunhofer Institut alle Ergebnisse im Vergleich mit Dieselbussen wissenschaftlich auswertete und am Ende das Gutachtens den DVB darlegte.

Ein ähnlicher Einsatz, der ebenfalls vom Fraunhofer Institut begleitet wird, sollte auch in Leipzig stattfinden. Somit traf in der ersten Septemberhälfte des Jahres 2007 der Leipziger Hybridbus im üblichen silbernen Farbschema der LVB, das durch eine nett anzusehende Eigenwerbung ergänzt wurde, ein. Nachdem er sein polizeiliches Kennzeichen „L-NV 2007“ (der Dresdner Kollege trägt das Kennzeichen „DD-VB 2007“) und damit die Wagennummer 7 erhalten hatte, wurde er zum LVB-Herbstauftakt 2007 der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Kurz darauf begannen die Schulungsfahrten der Fahrkräfte, die den Hybridbus im Linieneinsatz fahren sollten. Unterbrochen wurden die durch das Leipziger Stadtgebiet führenden Fahrschulfahrten durch einen Messeaufenthalt vom 19. bis einschließlich 24. Oktober 2007 auf der Messe „Busworld“ im belgischen Kortrijk sowie durch einige abzustellende Kinderkrankheiten, die zu außerplanmäßigen Werkstattaufenthalten führten.
Nachdem der Hybridbus am 15. November 2007 anlässlich des inzwischen zu einer festen Veranstaltung gewordenen Senioren- und Behindertentages im Straßenbahnhof Angerbrücke außerplanmäßig anstelle eines Silberpfeils präsentiert worden war, gelangte er am folgenden Tag, dem 16. November 2007, erstmalig auf Linie 60 auf dem Kurs V. 6091 in den Linieneinsatz. Jedoch währte der Linieneinsatz nur zwei Wochen, denn bereits in der 49. KW musste der Hybridbus aufgrund eines Defektes in der Kühlwasseranlage auf unbestimmte Zeit abgestellt werden. Die dazu notwendigen Ersatzteile mussten im polnischen Herstellerwerk erst produziert und anschließend nach Leipzig gebracht werden. Somit konnte der Hybridbus erst gegen Ende Januar 2008 in den Linieneinsatz zurückkehren. Seit diesem Zeitpunkt ist eine recht hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Hybridbusses zu verzeichnen.
 

Vorstellung des Wagens

Der Hybridbus ist mit einem Dieselmotor der Euro-4-Abgasnorm sowie zwei Elektromotoren ausgestattet. Der verwendete Hybridantrieb trägt den Namen „Allison-Hybridantrieb“ und ist bereits in hunderten Hybridbussen in den USA serienmäßig eingebaut. Der Motor des Busses ist so gestaltet, dass er während der gesamten Zeit im optimalen Kennlinienbereich arbeitet und bei einem Leistungsüberschuss während der Fahrt die auf dem Fahrzeugdach befindlichen Batterien auflädt. Dieses Aufladen ist durch das nicht zu überhörende Wummern während der Fahrt akustisch deutlich zu vernehmen. Weiterhin wird durch diese Technologie Bremsenergie zurück gewonnen, die ebenfalls in den Batterien gespeichert wird. Diese gespeicherte Bremsenergie steht dann beim Anfahren bzw. Beschleunigen wieder zur Verfügung. Laut den Aussagen von Solaris hat der Hybridbus einen „bis zu 39% geringeren NO2-Ausstoß, einen bis zu 97% geringeren Anteil von Feinpartikeln in den Abgasen, einen bis zu 90% geringeren CO-Ausstoß, einen bis zu 90% geringeren Ausstoß von Kohlenwasserstoffverbindungen sowie einen allgemein geringeren CO2-Ausstoß“./1/ Weiterhin ist der Bus 18 Meter lang, 3,14 Meter hoch, 2,55 Meter breit, 28 Tonnen Schwer und erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 85 km/h.
Was für Unterschiede bemerkt nun der normale Fahrgast des Hybridbusses im Vergleich mit zum herkömmlichen Dieselbus? Da wäre zuerst das deutlich von außen zu vernehmende charakteristische "Wummern" des Motors, das von keinem anderen Bus bekannt ist. Weiterhin wird der Fahrgast sofort die im Vorderteil des Wagens in Fahrtrichtung links befindliche schwarze Säule mit dem silbernen „Solaris“-Schriftzug entdecken. Hierbei handelt es sich um das Hybridantriebssystem, welches hinter der ersten Achse platziert ist. Der Antrieb befindet sich demzufolge nicht, wie bei Niederflurgelenkbussen üblich, im B-Teil an der dritten Achse, sondern im A-Teil auf der zweiten Achse. Da das Hybridantriebssystem den ansonsten gewohnten Mehrzweckbereich wegnimmt, wurde dieser Bereich rechts neben der Tür 2 eingerichtet. Damit man mit Kinderwagen und Rollstühlen um die Ecke zu dem Mehrzweckbereich gelangen kann, wurden die Türflügel der Tür 2 in zwei unterschiedlichen Größen eingebaut – der linke Türflügel ist bedeutend größerer als der rechte Türflügel. Dagegen befinden sich die Türflügel der Tür 3 in der üblichen Größennorm.
Der Fahrgastraum selbst bietet 43 Sitzplätze, plus vier Klappsitze im Mehrzweckbereich des B-Teils, sowie 97 Stehplätze. Die Sitze sind ausschließlich in und gegen die Fahrtrichtung angeordnet, Quersitze wie im Silberpfeil oder Solaris Urbino 12 gibt es nicht mehr. Im A-Teil ist der Sitzabstand sehr eng und führt zwangsweise zu einer sehr geringen Beinfreiheit; dagegen gibt es im B-Teil einen sehr großzügigen Sitzabstand. Weiterhin ist im B-Teil die Sitzplatzanordnung identisch mit der im O 405 GN. Weiterhin ist das Fahrzeug mit dem bekannten Fahrgastfernsehen sowie mit einem mobilen Fahrkartenautomaten ausgestattet. Im Unterschied zu den bisherigen Gelenkbussen werden alle drei Türen vom Fahrer geöffnet und geschlossen. Vor dem Schließen ertönt bei den Türen 2 und 3 der bereits von den Solaris Urbino 12 bekannte Türschließton.
Dem Fahrgast wird beim Anfahren sofort auffallen, dass die Anfahrstufen kaum zu spüren sind, dafür aber die Beschleunigungswerte höher als bei den bisher bekannten Bussen ausfallen. Schon ein wenig negativer fällt das ruckartige Bremsen auf. Richtig ungewohnt sind die lauten Motorgeräusche im A-Teil. Ein recht angenehmes Mitfahren hat man dagegen im B-Teil des Busses, da es hier doch recht leise ist und auch die fahrgastfreundliche Sitzplatzanordnung sowie die großzügige Beinfreiheit zwischen den Sitzen recht einladend wirken.
 

Der Linieneinsatz

Vom November 2007 bis zum November 2008 wurde der Leipziger Hybridbus unter wissenschaftlicher Begleitung des Dresdner Fraunhofer Instituts im Linieneinsatz einegsetzt. Nachdem dieser Wagen bis Ende Juli 2008 auf wechselnden Stammkursen der Linie 60 anzutreffen war, wird er seitdem auf Linie 90 eingesetzt. Hierbei erhielt er einen zweitägigen Umlauf, in dessen Rahmen er zwischen dem ersten und zweiten Umlauftag außerhalb seines Heimatbushofs Lindenau im Straßenbahnhof Paunsdorf übernachtet. Während der Sommerferien gelangte er sogar in den frühen Morgenstunden des ersten Umlauftages auf die Linie 87, bevor er auf Linie 90 seine Runden drehte. Dennoch wurde auch dieser Umlauf nicht streng durchgehalten, denn es wurden u.a. Einsätze des Wagens auf Linie 84 dokumentiert.
Nach der Linie 90 fuhr Wagen 7 wieder auf Linie 60. Seit dem Herbst 2010 ist Wagen 7 Stammwagen der Linien 72 und 73, wo er montags bis samstags regelmäßig anzutreffen ist.
Inzwischen hat es sich herausgestellt, dass der Hybridbus nur teilweise die erwünschten Einspareffekte erzielt. Obwohl die Anschaffungskosten eines Hybridbusses sogar genauso viel oder höher als bei denen eines Obusses liegen, hat der Hybridbus im Gegensatz zum Obus, dem eine Lebenserwartung von 20 Jahren bescheinigt wird, nur eine Lebenserwartung von zwölf Jahren. Da aber inzwischen u.a. von Solaris Hybridbusse, die etwa 30% weniger Kraftstoff als normale Dieselbusse verbrauchen und zudem deutlich einsatzstabiler und leiser sind sowie scheinbar auch mit steigungsreichen Strecken weniger Probleme als die zwei Dresdner und Leipziger Prototypen haben, angeboten werden, ist eine Weiterbeschaffung von Hybridbussen seitens der LVB erwünscht. Dennoch rechnet sich bei den jetzigen Einkaufspreisen ein Hybridbus nur, wenn bei seinem Kauf genügend Fördermittel fließen, um die hohen Anschaffungskosten abdecken zu können.
Nachdem die LVB einen entsprechenden Antrag beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingereicht hatten, hoffte man, in wenigen Jahren als einer von mehreren Pilotbetrieben im Bundesgebiet eine entsprechend bezuschusste Hybridbusserie einsetzen zu können. Die LVB wurden zum Ende des Jahres 2008 sogar als einer der wenigen Pilotbetriebe ausgewählt. Angesichts der inzwischen vorliegenden, aber bisher nicht veröffentlichten, aber sehr negativ ausgefallenen Ergebnisse der einjährigen Hybridbustestphase entschieden sich die LVB, vom Projekt Hybridbus erst einmal Abstand zu nehmen. Man möchte nun alle Kräfte für den Obus als den einzigen derzeit wirtschaftlichen, innovativen, serienreifen und zugleich umweltfreundlichen Bustyp investieren, wofür sogar die internationale Lobbygruppe Trollymotion eingeschaltet wurde. Sollten die Hybridbustechnik serienreifer werden, sind die LVB nicht abgeneigt, die Hybridbustechnik doch noch einzuführen, was im Jahr 2011 erfolgte. Im Januar 2013 wurde Wagen 7 an das Design der Hybridbusse mit seriellem Hybridantrieb angepasst.
 
Am 13.05.2016 hatte der Hybridbus seinen letzten Einsatztag auf der Linie 60 bis 13:26 Uhr. Auf Grund eines Motorschadens konnte der Wagen
seine Fahrt nicht fortsetzen und wurde von dem Bergungsunternehmen Major zum Bushof Lindenau geschleppt.
Dort wurde versucht den Motor wieder funktionstüchtig zu machen, nachdem festgestellt wurde das eine Reparatur nicht möglich ist,
entschied das Unternehmen LeoBus auf Grund der hohen Kosten für einen neuen Motor das Fahrzeug auszumustern.
 
Am 16.08.2016 wurde 14030 abgemeldet. Das Fahrzeug stand bis 05.04.2017 im Bushof Lindenau ohne Kennzeichen.
Am 5. April 2017 wurde der Gelenkbus von einem Abschleppwagen vom Bushof Lindenau abgeholt.
Der U18H ist in Leipzig das erste Hybridfahrzeug welches ausgemustert wurde.
 
 
 
Sebastian Naumann/Martin Gerber